Compliance-Management für Kanzleien – ein Überblick

Dass das Compliance-Thema für Unternehmen immer mehr an Bedeutung gewinnt, ist den meisten bekannt. Aber was ist eigentlich mit Rechtsanwaltskanzleien, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern? Auch für diese steht fest, dass sie in Anbetracht stetig wachsender gesetzlichen Anforderungen umfangreich tätig wer-den müssen, um den gesetzlichen Pflichten gerecht zu werden

Ein noch eher bekanntes Thema ist die Geldwäsche-Prävention. Alle Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 12 GwG „Verpflichtete“ im Sinne des GwG, Rechtsanwälte dann, wenn sie nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG für ihre Mandanten an bestimmten Geschäften mitwirken, etwa bei dem Kauf und Verkauf von Immobilien, Gründung, Betrieb oder Verwaltung von Gesellschaften u. a. Wer „Verpflichteter“ ist, muss unter anderem im Rahmen einer Risikoanalyse die für ihn relevanten individuellen Geldwäscherisiken ermitteln und bewerten, interne Sicherungsmaßnahmen ergreifen und besondere Sorgfaltspflichten und Meldepflichten erfüllen.

Aber es kommt jetzt noch mehr dazu: Das neue Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) gilt ab dem 17.12.2023 auch für alle „Beschäftigungsgeber“ ab 50 Mitarbeitern und damit auch für Rechtsanwaltskanzleien, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer dieser Größe, ohne dass weitere Voraussetzungen vorliegen müssen. Das bedeutet, dass sie wie andere Unternehmen gemäß § 12 HinSchG dazu verpflichtet sind, eine interne Meldestelle einzurichten, um Beschäftigten und ggf. auch Dritten die Möglichkeit zur Meldung Compliancerelevanter Hinweise (etwa straf- oder bußgeldbewehrte Verstöße) an diese Stelle zu melden. Das HinSchG soll dabei zum Schutz hinweisgebender Personen (sog. Whistleblower) dienen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese melden.

Bei Nichtbefolgung drohen erhebliche Bußgelder und die Behörden überprüfen die Umsetzung auch.

Zudem gilt seit dem 01.10.2023 die neue Fassung der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA), die in den §§ 30 ff. BORA „besondere Berufspflichten“ beschreibt. Dazu gehören nach § 31 BORA „Maßnahmen zur Einhaltung des Berufsrechts“, wozu eine Analyse der konkreten Risiken für Berufsrechtsverstöße durch Berufsausübungsgesellschaften gehört. Auf Basis der Risikoanalyse sollen dann geeignete Maßnahmen ergriffen werden, wozu insbesondere zählen:

  • Bestellung eines Berufsrechtsbeauftragten
  • Berufsrechtliche Schulungen
  • Elektronische Systeme zur Vermeidung von Interessenkollisionen
  • Elektronische Überwachung von Anderkonten zur Sicherstellung der Verpflichtungen nach § 4 BORA
  • Interne Hinweismeldestelle für berufsrechtsbezogene Beschwerden

In Berufsausübungsgesellschaften mit regelmäßig mehr als 10 Rechtsanwälten sind die Risikoanalyse und die getroffenen Maßnahmen zu dokumentieren und die Dokumentation mindestens alle zwei Jahre zu aktualisieren.

 

Was müssen Rechtsanwaltskanzleien, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer nun auf jeden Fall konkret tun, um ihre gesetzlichen Pflichten zu erfüllen und Sanktionen zu vermeiden?

  • Falls noch nicht geschehen Prüfung, ob sie Verpflichtete nach dem GwG sind und – falls ja – den im GwG genannten Pflichten nachkommen. Diese Prüfung sollte in jedem Fall sauber dokumentiert werden. Verpflichtete müssen sich zudem – unabhängig von der Abgabe einer Verdachtsmeldung – spätestens zum 01.01.2024 im elektronischen Meldeportal „goAML Web“ der FIU registrieren: https://goaml.fiu.bund.de/Home
  • Prüfung, ob sie als Beschäftigungsgeber ab 50 Mitarbeitern eine interne Meldestelle nach dem HinSchG einrichten müssen (mit entsprechenden dahinterliegenden Verfahren und Dokumentationspflichten). Eine interne Meldestelle darf dabei nicht in einem Interessenskonflikt zu anderen Aufgaben stehen.
  • Für Rechtsanwälte: Prüfung von 31 BORA (neu: 01.10.2023): Berufsausübungsgesellschaften müssen laufend ihre konkreten Risiken für Berufsrechtsverstöße ermitteln und zu bewerten und geeignete Maßnahmen ergreife. Hier wird sich regelmäßig die Frage stellen, ob eine Interne Hinweismeldestelle für berufsrechtsbezogene Beschwerden einzurichten ist.

Ein zentrales Mittel zum Erkennen und Abstellen von Beschwerden – nach HinSchG oder berufsrechtlich – ist also die Einrichtung einer internen Meldestelle, etwa in Form einer Ombudsperson, die auch an der Entwicklung der dahinterliegenden Verfahren mitwirken kann. Gerade in kleineren und mittleren Unternehmen und wie wir gesehen haben, auch bei Rechtsanwaltskanzleien, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern, wird dies gemäß den genannten rechtlichen Vorgaben in viel mehr Fällen nötig sein, als es die betroffenen Einheiten wahrscheinlich auf dem Radar haben. Oft wird hierbei die Bestellung einer Ombudsperson die bessere (rechtssicherere und kostengünstigere) Lösung als der Einkauf eines elektronischen Hinweisgebersystems sein, insbesondere wenn diese auch berufsrechtlich versiert ist.

 

Fazit

Die Anwendungsbereiche der Gesetze und Berufsordnungen zeigen, dass nicht nur Unternehmen, sondern auch Rechtsanwaltskanzleien, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer gesetzlich aufgefordert sind, Compliance-Risikomanagement zu betreiben und ggf. Maßnahmen – insbesondere durch die Einrichtung interner Meldestellen z. B. bei einer Ombudsperson – zu ergreifen. Es ist entsprechend wichtig, sich mit gesetzlichen Anforderungen vertraut zu machen und sehr zeitnah tätig zu werden.

Nehmen Sie gerne Kontakt mit mir auf, wenn Sie die Einführung eines effektiven Hinweisgeberverfahrens bzw. einer Ombudsstelle für Ihre Einheit erörtern möchten