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Q: Was ist eine Ombudsperson und was macht diese eigentlich?

A: Eine Ombudsperson fungiert zunächst einmal als Kontakt und Annahmestelle für Hinweise und Beschwerden. In meinem Fall werde ich von Unternehmen oder Organisationen beauftragt und nehme entsprechend im Interesse meiner Mandanten solche Hinweise und Beschwerden entgegen. Die Personen, die solche Meldungen abgeben, sind meist Mitarbeiter der Unternehmen, manchmal aber auch Außenstehende, die Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit des Unternehmens beobachtet haben und diese melden möchten. Unternehmen haben ein Interesse daran, von solchen Unregelmäßigkeiten frühzeitig zu erfahren, um diese aufzuarbeiten und abzustellen. Die Ombudsperson ist hier zwar vom Unternehmen beauftragt, hat aber eine unabhängige Stellung inne. Das unterscheidet mich insbesondere von rein internen Anlaufstellen.

Q: Welchen Herausforderungen begegnen Sie?

A: Menschen, die auf mich als Ombudsperson zukommen, sind nicht immer sicher, was genau sie beobachtet haben oder ob das, was sie erlebt haben, wirklich „Unrecht“ ist. Manchmal ist der Sachverhalt auch noch nicht ganz klar und es fehlen Informationen, um zu einer fundierten Einschätzung zu kommen. Dazu kommen häufig Ängste vor negativen Konsequenzen verschiedenster Art. Hinweisgeber fürchten, sich geirrt zu haben, zu „übertreiben“ oder vielleicht auch jemandem zu schaden. Unternehmen haben hier in den letzten Jahren viel getan, um das Vertrauen in den Hinweisgeberschutz durch Information und Kommunikation zu stärken und auch der Gesetzgeber ist tätig geworden. Trotzdem ist die Sorge da, auch verbunden mit dem negativ assoziierten Bild des „Denunzianten“. Ich sehe ich es auch als meine Aufgabe an, solchen Ängsten durch Aufklärung entgegenzuwirken und Vertrauen in die professionelle Bearbeitung der Hinweise zu bilden.

Q: Was gefällt Ihnen an der Tätigkeit als Ombudsperson?

A: Die genannten Herausforderungen nehme ich auf jeden Fall als etwas sehr Positives wahr. Ich habe es immer wieder mit neuen Menschen und Erfahrungen zu tun, auch wenn ich schon viele Jahre als Ombudsperson tätig bin. Jede Meldung ist anders und bedarf einer individuellen Herangehensweise. Jeder Mensch reagiert und handelt unterschiedlich,- da ist ein ausgeprägtes Einfühlungsvermögen nötig. Hinzu tritt, dass es ja oft um sehr sensible Themen geht. Je nach Verdacht, kann es sowohl um die (wirtschaftliche) Zukunft meiner Mandanten als auch um weitreichende Folgen für die womöglich Verdächtigen gehen. Aber das macht gerade den Reiz der Tätigkeit als Ombudsperson aus.

Q: Welche Themen beschäftigen Sie im Alltag?

A: In manchen Fällen geht es um mögliche Gesetzesverstöße, etwa den Verdacht, dass Mitarbeiter Vorteile gewährt haben, um einen bestimmten Auftrag für das Unternehmen zu akquirieren, oder dass Kollegen dem Unternehmen dadurch Schaden zufügen, dass sie Betriebsmittel privat verwenden. Nicht selten geht es aber auch um den Verstoß gegen interne Regeln und das tägliche Miteinander, etwa bei Mobbing-Vorwürfen. Ich beobachte, dass die Sensibilität dafür, was als noch akzeptiertes Verhalten gilt und was nicht, insgesamt gestiegen ist. Die meisten Verdachtsmomente lassen sich relativ zügig klären, manche erfordern hingegen umfangreichere interne Untersuchungen. Für die Unternehmen und Organisationen sind aber fast alle Hinweise hilfreich, denn diese zeigen auf, wo es Schwierigkeiten gibt, welche Unklarheiten bestehen und wie es um die Unternehmenskultur bestellt ist. Hieraus lässt sich ableiten, was zu tun ist, um sich für die Zukunft besser aufzustellen und die Compliance-Kultur im Unternehmen positiv zu entwickeln. Darin liegt die große Chance bei der Einrichtung von Hinweisgeberverfahren, in denen die Ombudsperson eine besondere Stellung einnimmt.

Q: Was sind die wichtigsten Themen, mit denen Ihre Mandanten Sie konfrontieren?

A: Vor allem die gesetzlichen Neuerungen bringen einige Unsicherheit für die Unternehmen mit sich. Der deutsche Gesetzgeber hat die EU-Vorgaben aus der Hinweisgeber-Richtlinie 2019 noch nicht in ein Gesetz umgesetzt. Unternehmen möchten – und müssen – sich aber vorbereiten, zumal sich Hinweisgeber schon jetzt auf den Schutz aus der EU-Richtlinie berufen können und ein effektiven Hinweisverfahren ohnehin schon seit langem zu den wichtigen Pfeilern eines belastbaren Compliance Management Systems (CMS) gehört. Auch das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz fordert die Einrichtung von Meldestellen für menschenrechtliche und umweltrechtliche Risiken und Verstöße. Unternehmen und Organisation verstehen aber in den meisten Fällen auch, dass die Vorhaltung von Hinweisgeberverfahren neben dem zu betreibenden Aufwand auch sehr nützlich ist. Sie eröffnen die Möglichkeit, Probleme und Konflikte in eigenen Prozessen aufzuspüren und verantwortungsbewusst zu lösen. Natürlich gibt es dann auch einige praktische Fragen zu erörtern, ob etwa ein elektronischer Hinweisgeberkanal eingekauft bzw. eine Ombudsperson bestellt werden soll und wie das Hinweisgeberverfahren – also der Ablauf nach Eingang eines Hinweises – konkret ausgestaltet wird. Letzteres bedarf insbesondere in international aufgestellten Unternehmen großer Sorgfalt.

Q: Stehen elektronische Systeme und Ombudsperson nicht in Konkurrenz zueinander?

A: Nein. Zu Unrecht werden diese Lösungen oft als „Entweder-Oder“-Entscheidung missverstanden, sie schließen sich gegenseitig aber keinesfalls aus, sondern können sich optimal ergänzen. Bei der Entscheidung spielen die Größe des Unternehmens, das voraussichtliche Hinweisvolumen, eine internationale Ausrichtung, die Compliance-Kultur und ähnliches eine Rolle. Nötig ist auf jeden Fall eine den Bedürfnissen der Mandanten angepasste Lösung, welche die Compliance-Verantwortlichen entlastet. In den meisten Fällen kann die Bestellung einer Ombudsperson einen wichtigen Beitrag leisten, denn sie kann Fälle aufnehmen, aufbereiten und Empfehlungen zum weiteren Vorgehen geben.