Vom Nutzen und Vorteil einer Ombudsperson

Die Funktion einer Ombudsperson, auch „Ombudsmann“[1] oder „Vertrauensanwalt“ genannt, hat sich in den letzten Jahrzehnten immer weiter entwickelt und bekommt durch die steigenden Anforderungen an die Aufnahme und Verarbeitung von Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten in Unternehmen (s. EU-Whistleblower Directive)[2] neuen Anschub. Dieser Trend wird sich weiter fortsetzen. Denn auch mit dem kommenden Verbandssanktionengesetz und dem in Diskussion befindlichen Lieferkettengesetz wird die Einrichtung von Strukturen zur Meldung von Verstößen weiter an Bedeutung gewinnen.

Was ist die Aufgabe einer Ombudsperson?

Die Ombudsperson nimmt in unabhängiger Stellung die Interessen des Auftraggebers (etwa eines Unternehmens) durch Annahme und Adressierung von Beschwerden, ggf. auch durch Führung von Ermittlungen wahr. Die Ombudsperson stellt Kommunikationskanäle[3] zur Annahme der Hinweise bereit und nimmt typischerweise eine Eingangsprüfung und Erstbewertung vor, zumeist nach dem Maßstab des § 152 Abs. 2 StPO (Vorliegen eines Anfangsverdachts). Das Ergebnis der Erstbewertung wird sodann, ggf. verbunden mit einer Handlungsempfehlung, an den Auftraggeber übermittelt.

Die Ombudsperson vertritt den Auftraggeber (Unternehmen, Organisation), also nicht den Hinweisgeber. Der Schutz des Hinweisgebers wird aber durch die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht in Verbindung mit einer Beschränkung des Auskunftsrechts gegenüber dem auftraggebenden Mandanten sichergestellt. Die Offenlegung der Identität des Hinweisgebers gegenüber dem Auftraggeber erfolgt nur mit ausdrücklicher und schriftlicher Einwilligung des Hinweisgebers.

Ziel ist dabei die Prävention und Aufdeckung von Rechtsverstößen (möglicherweise auch anderer Compliance-Verstöße) in dem beauftragenden Unternehmen. Selbstredend ist die Ombudsperson damit Bestandteil eines effektiven Compliance Management System (CMS) und des internen Kontrollsystems/Risikomanagements.

Was sind die Vorteile der Bestellung einer Ombudsperson?

In den meisten Fällen ist die Bestellung einer Ombudsperson ein relativ einfacher und günstiger Weg für Unternehmen, die Möglichkeiten zur Abgabe von Hinweisen deutlich zu erweitern und den steigenden rechtlichen Anforderungen zu entsprechen.

Anders als kommerzielle Hinweisgebersysteme steht die Ombudsperson dem Hinweisgeber auch als konkreter Ansprechpartner zur Verfügung und kann bei der Klärung, ob eine Meldung abgegeben werden sollte, beraten. Die Ombudsperson kann das vertretene Unternehmen durch Eingangsprüfung und Erstbewertung erheblich entlasten. Optional kann die Ombudsperson aber auch im Schnittstellenbereich zu einem kommerziellen Hinweisgebersystem tätig werden und auch hier Eingangsprüfung und Erstbewertung vornehmen.

Auch zeigt sich bereits, dass der deutsche Gesetzgeber die Lösung über eine Ombudsperson anderen Systemen, insbesondere rein technischen Hinweisgebersystemen, vorzieht. Nach dem aktuellen Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie in das deutsche Recht müssen Unternehmen zwei Meldewege eröffnen, „die gleichwertig nebeneinanderstehen und zwischen denen hinweisgebende Personen frei wählen können“. Es soll sich dabei um einen internen Meldekanal innerhalb des Unternehmens handeln und einen externen Meldekanal, einzurichten bei einer „unabhängigen Stelle“.[4] Der Anforderung an eine externe, unabhängige Stelle entspricht ein rein technisches System, das Hinweise nur an das Unternehmen selbst weiterleitet, nicht. Eine Ombudsperson ist dagegen imstande, als externe, unabhängige Stelle Hinweise zu bewerten. Eine Ombudsperson kann also ein kommerzielles Hinweisgebersystem ersetzen oder diese ergänzen. Ein Hinweisgebersystem erfüllt allein hingegen nicht die gesetzgeberischen Anforderungen. Die Bedeutung der Ombudsperson wird folglich weiter zunehmen.

Anfängliche Bedenken in Unternehmen nicht selten

Unternehmen äußern nicht selten Bedenken gegenüber der Erweiterung der Möglichkeiten, Hinweise auf Unregelmäßigkeiten an eine Ombudsperson oder auch in einem kommerziellen System abzugeben. Diese Bedenken fußen zumeist auf der Sorge, dass zu viele unfundierte Vorwürfen erhoben werden, die zeitaufwendig bearbeitet werden müssen und der Geschäftsentwicklung schaden.

Richtig ist aber vielmehr Folgendes:

  • Eine Studie der George Washington University hat ergeben, dass es einen Zusammenhang zwischen der Nutzung von Verfahren zur Hinweisabgabe und einer positiven Geschäftsentwicklung des Unternehmens gibt (abstract, Aufruf: 05.10.2020)
  • Ein hoher Eingang von Meldungen korrelierte insbesondere mit größerer Profitabilität und Produktivität, weniger Klageverfahren, geringeren Kosten bei streitigen Auseinandersetzungen und weniger Verdachtsmeldungen aus externen Quellen

Unternehmen profitieren in den meisten Fällen also von einem Informationsfluss seitens der Mitarbeiter und sind dadurch in der Lage, Probleme schneller zu identifizieren sowie zu beheben, ehe diese größer und kostspieliger werden.

 

Sorgfältige Implementierung und Kommunikation

Wie immer ist eine genaue Planung der Implementierung, einschließlich der Kommunikation der Ombudsfunktion an die Mitarbeiter für eine erfolgreiche Einführung sehr wichtig. Dazu gehören Hinweise zum Sinn und Zweck der Funktion, zum Ablauf der Hinweisabgabe zu Vertraulichkeit und Datenschutz, Schutz des Hinweisgebers und Schutz vor unberechtigten Vorwürfen. Weiter muss Klarheit darüber hergestellt werden, wie der interne Prozess im Unternehmen aussehen muss – bei der Einführung der Funktion (Betriebsrat u. a.) und bei der späteren Bearbeitung von Hinweisen (Beteiligung verschiedener Funktionen, Berichterstattung, etc.).

Nehmen Sie gerne Kontakt mit mir auf, wenn Sie die Möglichkeiten einer Ombudsperson für Ihr Unternehmen erörtern möchten.

[1] Aus dem Altnordischen für „Auftrag, Vollmacht“.

[2] Diese verlangt ab 50 Beschäftigten oder einem Jahresumsatz von mehr als 10 Mio. Euro die Vorhaltung eines Verfahrens für den Umgang mit Meldungen von Hinweisgebern.

[3] Typischerweise Telefonnummer, E-Mail, Kontaktformular auf einer Webseite, Brief.

[4] „Lambrecht will Whistleblower schützen“, Süddeutsche Zeitung v. 12.12.2020, online abrufbar unter: sueddeutsche.de/politik/whistleblower-schutz-lambrecht.